Am 07. Mai war Dr. Stefan Böschen zu Gast in unserer Ringvorlesung „Wissenschaftskommunikation erfoschen“. Der Wissenschaftler vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)  beschäftigte sich in seinem Vortrag mit dem Themenkomplex des Nichtwissens und seiner Rolle sowohl für die Wissensproduktion als auch Wissenskommunikation.

Wie immer stellen wir auch diesmal eine Videoaufzeichnung des Vortrag, sowie die zugehörigen Folien und Tweets aus der Vorlesung zur Verfügung:

Zum Vortrag

Nichtwissen war lange Zeit kein Problem. Es gibt doch die Wissenschaft, um durch methodisches Fragen Nichtwissen in Wissen zu überführen. Was aber, wenn das Nichtwissen die Wissenschaft selbst betrifft?

Seit nunmehr 30 Jahren wird über Formen, Bedeutung und politische Relevanz wissenschaftlichen Nichtwissens diskutiert. Das Vorsorgeprinzip, die Debatte um Nachhaltigkeit, Risk Asssessments oder auch die Energiewende – in allen diesen Debatten spielt Nichtwissen eine zentrale Rolle. Entsprechend groß die Enttäuschung, dass Wissenschaft eben doch nicht alle Wissensfragen lösen kann.

Bei aller Aufregung darüber sollte die soziale Funktion von Nichtwissen nicht unterschätzt werden. Denn Nichtwissen ist konstitutiv für viele soziale Beziehungen und das muss durch Vertrauen überbrückt werden – z.B. das Vertrauen, welches wir als Laien (in fast allem) in Experten (für fast nichts) setzen müssen. Deshalb steht hier die Wissenskommunikation vor einer besonderen Herausforderung. Kann über Fragen und Probleme, deren Bearbeitungssicherheit nicht garantiert werden kann, kommuniziert werden, ohne die Vertrauensbasis zu erschüttern oder gar Panik auszulösen?

Im Rahmen des Vortrags werden Formen von Nichtwissen differenziert, die soziale Bedeutung und Verteilung von Nichtwissen thematisiert, die Grenzen des so genannten Aufklärungsmodells der Wissenskommunikation benannt und auf die Herausforderungen zur Neuordnung von Wissenskommunikation unter dem Eindruck von Nichtwissen eingegangen.

Zur Person

Dr. phil. habil. Dipl.-Ing., geboren 1965 in Waldshut, Deutschland. Studium des Chemieingenieurwesens, der Philosophie und Soziologie in Erlangen-Nürnberg, Diplom als Chemie-Ingenieur, Promotion und Habilitation in Soziologie. Senior Research Scientist und Leiter des Forschungsbereichs „Wissensgesellschaft und Wissenspolitik“ am ITAS (Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse), KIT. Schwerpunkte: Wissenschafts-, Technik-, Umwelt- und Risikoforschung, Institutionentheorie, Theorie moderner Gesellschaften. Aktuelle Projekte „Friedensforschung in der Bundesrepublik Deutschland“ (DSF), „Optionssteigerung durch produktive Selbstbeschränkung? Resiliente Strukturen experimenteller Institutionalisierung“ (BayStMWK) und „Klima Regional“ (BMBF).

Aktuelle Veröffentlichungen: Azzouni, S.; Böschen, S.; Reinhardt, C. (Hrsg., 2015): Erzählung und Geltung. Wissenschaft zwischen Autorschaft und Autorität. Weilerswist: Velbrück; Böschen, S.; Gill, B.; Kropp, C.; Vogel, K. (Hrsg., 2014): Klima von unten. Regionale Governance und gesellschaftlicher Wandel. Frankfurt am Main: Campus. Böschen, S. (2013): Modes of Constructing Evidence: Sustainable Development as Social Experimentation—The Cases of Chemical Regulations and Climate Change Politics. In: Nature and Culture 8(1), S. 74–96. Böschen, S.; Kastenhofer, K.; Rust, I.; Soentgen, J.; Wehling, P. (2010): The Political Dynamics of Scientific Non-Knowledge In: Science, Technology & Human Values 35(6), S. 783-811.

Folien

Tweets

#wmklauscht: Stefan Böschen – „Nichtwissen. Chancen der Wissensproduktion, Risiken der Wissenskommunikation“

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